Konstruktion eines neuen kryogenen, vakuumisolierten, flexiblen Schlauchs – Teil 1

Mit der Entwicklung der Nutzlastkapazität kryogener Raketen steigt auch der Bedarf an Treibstofffüllmengen. Kryogene Förderleitungen sind in der Luft- und Raumfahrt unverzichtbar und werden in kryogenen Treibstofffüllsystemen eingesetzt. In diesen Leitungen können Tieftemperatur-Vakuumschläuche aufgrund ihrer guten Dichtigkeit, Druckbeständigkeit und Biegefestigkeit die durch Temperaturänderungen bedingten Verschiebungen aufgrund von Wärmeausdehnung oder Kältekontraktion ausgleichen, Montageabweichungen der Leitung kompensieren und Vibrationen sowie Geräusche reduzieren. Sie sind daher ein wesentliches Förderelement in Tieftemperatur-Füllsystemen. Um die durch das Andocken und Abkoppeln des Treibstofffüllanschlusses im beengten Raum des Schutzturms verursachten Positionsänderungen auszugleichen, muss die Rohrleitung sowohl in Quer- als auch in Längsrichtung flexibel sein.

Der neue Kryo-Vakuumschlauch vergrößert den Auslegungsdurchmesser, verbessert die Kryo-Flüssigkeitsübertragungskapazität und ist sowohl in lateraler als auch in longitudinaler Richtung flexibel anpassbar.

Gesamtstruktur des Kryo-Vakuumschlauchs

Entsprechend den Einsatzanforderungen und der Salzsprühumgebung wurde der Metallwerkstoff 06Cr19Ni10 als Hauptmaterial für die Rohrleitung gewählt. Die Rohrleitung besteht aus zwei Rohrschichten – einem Innen- und einem Außenrohr –, die mittig durch einen 90°-Bogen verbunden sind. Aluminiumfolie und alkalifreies Gewebe sind abwechselnd auf die Außenfläche des Innenrohrs gewickelt und bilden die Isolierschicht. Mehrere PTFE-Schlauchstützringe außerhalb der Isolierschicht verhindern den direkten Kontakt zwischen Innen- und Außenrohr und verbessern so die Isolierleistung. Die beiden Enden der Verbindung sind entsprechend den Anschlussanforderungen als adiabatische Großdurchmesser-Verbindung ausgeführt. Ein mit 5A-Molekularsieb gefüllter Adsorptionskasten ist zwischen den beiden Rohrschichten angeordnet, um ein gutes Vakuum und eine hohe Vakuumstabilität der Rohrleitung bei kryogenen Temperaturen zu gewährleisten. Die Schnittstelle zwischen den beiden Rohrschichten und dem Vakuumierprozess wird mit einem Dichtungsstopfen verschlossen.

Isolierschichtmaterial

Die Isolierschicht besteht aus mehreren Lagen Reflektorfolie und Abstandsschicht, die abwechselnd auf die adiabatische Wand gewickelt sind. Die Reflektorfolie dient hauptsächlich der Isolierung der externen Wärmestrahlung. Die Abstandsschicht verhindert den direkten Kontakt mit der Reflektorfolie und wirkt flammhemmend und wärmeisolierend. Als Materialien für die Reflektorfolie werden unter anderem Aluminiumfolie und aluminisierte Polyesterfolie verwendet, während für die Abstandsschicht unter anderem alkalifreies Glasfaserpapier, alkalifreies Glasfasergewebe, Nylongewebe und adiabatisches Papier zum Einsatz kommen.

Im Entwurfskonzept wird Aluminiumfolie als Isolierschicht und reflektierender Schirm sowie alkalifreies Glasfasergewebe als Abstandsschicht verwendet.

Adsorptionsmittel und Adsorptionsbox

Ein Adsorptionsmittel ist ein Stoff mit mikroporöser Struktur und großer spezifischer Adsorptionsfläche. Durch molekulare Kräfte werden Gasmoleküle an die Oberfläche des Adsorptionsmittels angezogen. Das Adsorptionsmittel in der Sandwichstruktur von Kryorohren spielt eine wichtige Rolle für das Erreichen und Aufrechterhalten des Vakuums im Kryobetrieb. Gängige Adsorptionsmittel sind 5A-Molekularsieb und Aktivkohle. Unter Vakuum- und Kryobedingungen weisen 5A-Molekularsieb und Aktivkohle eine ähnliche Adsorptionskapazität für N₂, O₂, Ar₂, H₂ und andere gängige Gase auf. Aktivkohle desorbiert beim Vakuumieren in der Sandwichstruktur leicht Wasser, verbrennt aber leicht in O₂. Daher wird Aktivkohle nicht als Adsorptionsmittel für Flüssigsauerstoffleitungen verwendet.

Im Designkonzept wurde ein 5A-Molekularsieb als Sandwich-Adsorbens ausgewählt.


Veröffentlichungsdatum: 12. Mai 2023